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INTERVIEW MIT EINER FREIEN TRAUREDNERIN

Was ist eine freie Trauung? Was macht eine freie Trauung so besonders? Und wie genau läuft eine freie Trauung ab? Genau diese Fragen haben viele Brautpaare, sobald sie vor der Entscheidung stehen ob eine kirchliche oder eine freie Trauung zu ihnen passt. In den letzten Jahren sieht man, dass freie Trauzeremonien immer mehr an Beliebtheit gewinnen und das nicht umsonst, was in diesem Interview mehr als deutlich wird.

Jenny von Drunken Lovebirds hat sich die Zeit genommen und mir einen Einblick in ihre Arbeit als freie Traurednerin gewährt. Zum Schluss erhaltet ihr sogar viele wertvolle Tipps zu diesem Thema, die euch im Hinblick auf eure Hochzeit ganz sicherlich weiterhelfen werden.

Ich wünsche euch ganz viel Spaß beim Lesen!

Foto: Lia Falke Fotografie

Warum bist du freie Traurednerin geworden?

In meinem Hauptberuf bin ich eigentlich Verwaltungsbeamtin und dort unter anderem auch als Standesbeamtin tätig. Das hat mir von Anfang an total viel Spaß gemacht, allerdings war ich entsetzt, wie verpönt standesamtliche Trauungen in den Augen der Brautpaare teilweise sind. "Behördengang", "verstaubt", "spießig", das waren alles Schlagworte, mit denen ich dort regelmäßig konfrontiert wurde. Das wollte ich gerne ändern und habe mich deshalb richtig reingehangen, um für das Image des Standesamtes zu kämpfen und den Ablauf neben der ganzen Bürokratie so schön wie möglich zu gestalten. Da habe ich die Erfahrung gemacht, dass ganz viele Menschen nach der Trauung auf mich zugegangen sind und total überrascht waren, wie toll eine standesamtliche Trauung auch sein kann. Daraus wollte ich dann irgendwann mehr machen und so war der Schritt vom Standesamt zu den freien Trauungen dann nur noch ein vergleichsweise kleiner, weil die thematische Nähe natürlich gegeben war.

War freie Traurednerin zu werden schon immer dein Traumberuf?

Nein um ehrlich zu sein hatte ich diesen Beruf damals nie in meinem Kopf. Ich habe mich auch immer für einen sehr unkreativen Menschen gehalten – Malen und Basteln war für mich in der Schulzeit die Hölle. Aber im Schreiben war ich immer gut und habe auch damals jahrelang für die Zeitung geschrieben und mich so weiterentwickelt. Die Komponente des Vortragens hat sich dann irgendwie über das Schreiben entwickelt.

Was fasziniert dich so an freien Trauungen?

Was mich am meisten daran interessiert, ist diese unglaubliche Bandbreite an Möglichkeiten. Dass im Prinzip alles geht, aber auch nichts muss.

Ich finde die Paargeschichte ist das Allerwichtigste und das Allerschönste und das muss auch im Mittelpunkt stehen und darf nicht von irgendwelchem Chichi drumherum überstrahlt werden. Aber das ist mein persönlicher Geschmack, da ist jeder Trauredner anders.

Was ich auch immer schön finde ist, wenn Paare sich was trauen, in ihren Ideen verrückt werden und sich nicht darum kümmern ob irgendwer blöd findet, dass sie ihre Trauung so frei und verrückt gestalten. Manchmal kommt es auch vor, dass Paare im Gestaltungsprozess dann doch einknicken und ihren Mut verlieren, aus Angst vor der Reaktion Anderer.

Ein willkommener Unterschied zu Trauungen in der Kirche ist, dass es keine typische Sitzordnung gibt, bei der alle gerade auf Bänken sitzen und gefälligst leise zu sein haben. Sowas gibt es bei einer freien Trauung nicht, beziehungsweise man kann es sich so gestalten, wie man es selbst für richtig hält. Wenn es im Sommer unglaublich heiß ist, warum nicht eine Wanne mit kalten Getränken aufstellen, sodass sich die Gäste ihre Getränke zum Sitz- oder Stehplatz nehmen können? Das schafft auch eine gewisse Lockerheit und eine tolle Wohlfühlatmosphäre.

Hast du das Gefühl, dass die Nachfrage nach freien Trauungen mehr geworden ist?

Ja total! Die Paare die ich ganz zu Beginn meiner Tätigkeit kennengelernt habe, waren selber noch nie auf einer freien Trauung. Mittlerweile sind alle meiner Paare selber mal bei einer freien Trauung dabei gewesen und wollen diese auch für ihre Hochzeit haben.

Was passiert, wenn ein Paar dich bezüglich ihrer Trauung kontaktiert?

Der erste Kontakt wird meistens über meine Webseite oder Instagram hergestellt. Danach vereinbaren wir direkt ein unverbindliches Kennenlerngespräch und quatschen erstmal eine gute Stunde unter anderem über ihre Vorstellungen von ihrer Hochzeit. Wir gehen dabei aber noch nicht in die Detailplanung. Es geht vielmehr darum herauszufinden, wie das Paar so drauf ist und ihnen natürlich die Möglichkeit zu geben mich kennenzulernen und mir ihre Fragen zu stellen.

Man darf nicht vergessen, dass man als TraurednerIn eine extrem lange Zeit mit dem Paar arbeitet und deshalb ist es für mich auch ganz interessant zu sehen, ob das Paar mir denn auch gerne einen Einblick in ihre Geschichte gibt oder sich eher verschließt. Eine Rede kann letztendlich nur so gut werden, wie das Paar bereit ist mir Informationen zu liefern und das ist von Paar zu Paar ganz unterschiedlich. Ich liebe zum Beispiel Paare, die eher offen und gerne auch etwas derber sind, da laufe ich zur Hochform auf.

Daher ist das Kennenlerngespräch super wichtig um herauszufinden ob es von beiden Seiten passt.

Was passiert während eines Traugespräches?

Das Traugespräch führe ich meistens acht bis zwölf Wochen vor dem Hochzeitstag, also relativ kurz vorher. Das mache ich aus dem Grund, weil das Paar zu dem Zeitpunkt meist schon eine konkrete Vorstellung davon hat, wie der Hochzeitstag ablaufen soll.

Das Brautpaar bereitet sich dann mit einem Fragebogen auf das Gespräch vor. Ich besuche die Beiden meistens bei ihnen zu Hause, weil ich es immer ganz schön finde, wenn sie dabei in ihrer gewohnten Umgebung sind. So ein Traugespräch kann nämlich schon mal drei bis vier Stunden dauern. Ich führe neben dem eigentlichen Gespräch dann auch kurze Einzelgespräche mit den jeweiligen Personen und erzähle auch nochmal was zu mir, weil es nur rechtens ist, dass sie auch etwas von mir erfahren, wenn sie mir so viel von sich erzählen. Nach dem Traugespräch schreibe ich dann auch Familie und Freunde an, wenn es denn gewünscht ist und dann geht es auch schon ans Schreiben.

Du hast also während des Schreibprozesses Kontakt zu den Angehörigen des Brautpaares?

Genau, also ich arbeite sowohl mit dem Brautpaar als auch mit den Angehörigen. Dabei nutze ich Fragebögen um das Brautpaar bei dem Traugespräch nicht ins kalte Wasser zu schmeißen und damit sie sich auch ein wenig auf unser Gespräch vorbereiten können. Im Traugespräch frage ich auch nochmal, ob ich mich mit Angehörigen und Freunden in Verbindung setzen und sie auch befragen soll. Das ist immer ein sehr lohnenswerter Aufwand, weil ich auf diesem Weg noch einen Blick von Außen auf das Paar bekomme und ein paar witzige Anekdoten erzählt bekomme, von dem das Brautpaar nichts weiß. So gibt es dann auch für das Brautpaar Überraschungsmomente während der Traurede.

Laufen denn alle freien Trauungen gleich ab?

Nein jede Trauung ist ganz anders, es gibt aber ein grobes Grundgerüst, woran ich mich orientiere. Ich halte meine Rede zum Beispiel nie an einem Stück und inkorporiere Musik in die Zeremonie. Mir ist Musik in einer freien Trauung total wichtig, damit sich alle noch einmal sammeln und durchatmen können. Das Ja-Wort soll für mich auch immer der Höhepunkt der Trauung sein, zusammen mit einem Eheversprechen, wenn man es denn so will.

Das spreche ich aber alles auch so mit meinen Paaren ab und höre da insbesondere auf ihre Vorstellungen und Wünsche. Der genaue Ablauf der Trauung entwickelt sich aber immer während des Schreibprozesses.

Was gibt es für Möglichkeiten eine freie Trauung zu gestalten?

Was ich eigentlich immer am coolsten finde, ist Freunde und Familie mit einzubauen, sodass sie vielleicht noch ein paar Worte an das Brautpaar richten. Da unterstütze ich auch vorher gerne um etwas zu formulieren. Denn ich merke auch da, dass Angehörige sich oftmals dazu gezwungen fühlen ganz konventionelle Glückwünsche auszusprechen. Ich hake in solchen Momenten meistens nach und kitzle die verrücktesten Stories aus ihnen raus. Und so entstehen dann ganz individuelle Reden, die alle Anwesenden zum Lachen oder Weinen bringen.

Ansonsten gibt es auch Rituale, die man einbauen kann, was aber ehrlich gesagt nicht zu meinen Stärken gehört, da gehe ich auch ganz offen mit um. Daher binde ich solche Rituale auch nur ein, wenn es zu dem Paar passt. Ich hatte zum Beispiel mal ein Paar, welches das Thema Kreuzworträtsel als kleinen Insider hatte, der immer wieder während des Traugespräches aufkam. Darauf konnte man dann prima aufbauen.

Ich bin aber kein Freund davon, irgendwelche Standartrituale durchzuführen, wenn das Paar keinen Bezug dazu hat.

Wie lange geht eine freie Trauzeremonie?

Wenn man in die freie Trauung keine Programmpunkte mit einbaut dann dauert sie ungefähr 30 Minuten. Sie kann aber auf 50 Minuten ausgeweitet werden. Alles was über eine Stunde geht, ist meiner Meinung nach schon zu langatmig. Gerade wenn es im Sommer brüllend heiß ist, ist die Aufmerksamkeitsspanne nach einer Stunde auf jeden Fall ausgereizt.

Ist eine freie Trauung für jedermann?

Wer den religiösen Aspekt in der Trauung drin haben möchte, der wird wahrscheinlich zur Kirche tendieren. Es gibt aber durchaus auch studierte Theologen, die freie Trauungen anbieten, sodass auch der religiöse Aspekt mit eingebracht werden kann.

Ich denke solange der/die TraurednerIn dem Paar das geben kann, was es sich wünschst, ist eine freie Trauung für jeden was.

Was war das verrückteste Erlebnis, das du in deinem Job hattest?

Ich hatte mal ein Paar, das mir ihre Songwünsche zur Trauung gegeben hatte. Da standen dann total romantische Lieder von Silbermond und Sarah Connor drauf. Ich habe mich total gewundert, weil das einfach gar nicht zu den beiden gepasst hat. Auf meine Nachfrage hin meinten sie, dass sie lieber allgemeinverträgliche Lieder nehmen wollten, die allen gefallen. Ich wusste aber, dass sie sich auf einem Technokonzert kennengelernt haben und richtige Technofans sind. Im Nachhinein haben sie dann zum Auszug einen Technosong genommen und das war einfach total cool, weil die Gäste direkt am abfeiern waren und die Stimmung direkt auf Hochtouren war.

Gibt es Tipps, die du Brautpaaren, gerne mitgeben möchtest, die überlegen eine freie Trauung zu machen?

Wichtig ist, dass sich die Paare im Vorhinein damit beschäftigen, wer sie sind, was ihnen wichtig ist und was vielleicht auch kennzeichnend für sie ist, um die Suche nach dem passenden Trauredner davon abhängig zu machen und nicht danach zu schauen, wer in der nächsten Nähe wohnt und den kürzesten Anfahrtsweg hat. Es ist einfach unglaublich wichtig, dass der/die TraurednerIn vom Typ Mensch zu einem passt.

Ansonsten kann ich den Tipp geben, mutig zu sein, sich was zu trauen und die Trauung als Chance zu sehen auch mal was Anderes zu machen, was zu hundert Prozent zu ihnen passt.

Für den Fall, dass das Paar sich schon für eine/n TraurednerIn entschieden hat, kann ich den Tipp geben ganz offen und klar zu kommunizieren. Das schlimmste Szenario wäre, wenn das Brautpaar eine gewisse Erwartungshaltung und Wünsche hat, die es mir aber nicht mitteilt und die Trauung im Endeffekt nicht das ist, was sie sich vorgestellt haben. Deswegen lieber einmal zu viel melden und eine Idee oder einen Wunsch mitteilen, als dass die Trauung dann nicht ihren Wünschen entspricht.

Wichtig ist auch, dass das Paar richtig Lust darauf haben sollte, ihre Geschichte zu erzählen und im Idealfall auch nicht mit Informationen zurückhält. Man glaubt gar nicht wie viele Geschichten beginnen mit „Eigentlich war ich noch in einer Beziehung“ oder es kommt auch vor, dass die Familienverhältnisse zerrüttet sind. Solche Details sind für einen Trauredner unglaublich wichtig, damit man selbst nicht ins Fettnäpfchen tritt oder die Befindlichkeiten von jemandem verletzt.

Zum Schluss sollten sich alle an der Trauung beteiligten Menschen mit dem was in der Trauung passiert wohl fühlen. Es sollte sich niemand dazu gezwungen fühlen eine Rede zu halten, wenn das eigentlich purer Stress für die Person ist. Deshalb hinterfrage ich das gerne nochmal, denn es gibt ja auch andere Wege, ein Teil der Trauung zu werden ohne eine lange Rede vor hundert Menschen schwingen zu müssen.

Auch wenn der Blogpost ein wenig auf sich warten lassen hat, haben die Informationen definitiv nicht an Wert verloren. Ich kann Jenny nicht genug danken, dieses Interview mit mir geführt zu haben und eine so detaillierte Einsicht in ihre Arbeit als Traurednerin gegeben zu haben.

Wenn ihr selber noch auf der Suche nach einer freien Traurednerin seid, dann schaut doch mal auf Jennys Website vorbei. Ich kann sie euch definitiv ans Herz legen!

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